Albanien

Heute will ich früh los um möglichst zeitig in Albanien anzukommen, damit ich einiges von Sarande sehen kann. Sarande ist die südlichste Stadt Albaniens, direkt am Meer gelegen, hat ca 20000 Einwohner und ist schräg gegenüber von Korfu gelegen. Knapp 20sm entfernt, also je nach Windrichtung usw ca 4 Stunden Fahrt. Nach der ganzen Ankerei in Griechenland, muss ich aber erst mal Müll entsorgen, Wäsche waschen, Diesel tanken, Marina bezahlen, Essen oder zumindest Milch kaufen, den oberen Relingdraht auf der rechten Seite reparieren, schauen, ob ich noch ein Hafenhandbuch von Albanien auftreiben kann.

Oh Mann wie soll ich das alles schaffen. Also früh aufstehen.Wecker 7 Uhr. Ich hasse früh aufstehen. Und so oft so früh aufgestanden wie während meiner jetzigen Weltumsegelung, bin ich in meinem Leben bisher selten. Urlaub bzw Erholung ist das hier alles nicht. Man muss die ganze Zeit so viel organisieren und erledigen. Ich könnte jetzt gut einen ganzen Tag hier in Korfu gebrauchen. Aber ich muss ja auch mal wieder nach Hause. Die generell an der gesamten Adria vorherrschende Windrichtung ist Nord-West, also genau da, wo ich hin will. Bei meiner gestrigen Fahrt habe ich schon gemerkt wie mühsam das werden wird. Mit einem Segelboot kann man einfach nicht gegen den Wind fahren. Kreuzen gegen den Wind macht bei diesen Strecken gar keinen Sinn, da kommt man nicht weit. Und unter Motor gegen den Wind mit einem Segelboot geht auch leider gar nicht. Man muss also taktisch vorgehen. Aber dazu werde ich übermorgen noch kommen.

 

Noch kurz zu dem oberen Relingdraht, da ich nicht mehr weiß, ob ich das erwähnt hatte: In dem Sturm als auch der Motor ausfiel, gab es einen Riesenknall, den ich zunächst nicht zuordnen konnte. Irgendwann sah ich dann, dass der Draht lose durchhing. Im vorderen Teil war ein Befestigungsteil aus Edelstahl weggebrochen, da das Vorsegel dagegen drückte. Unglaublich, dass so was kaputt gehen kann. Jedenfalls ist die Reling wichtig für meine Sicherheit, damit ich nicht von Bord falle. Ein paar mal wollte ich mich aus Gewohnheit am Draht festhalten, der dann aber nicht da war, ich griff ins Leere und wäre fast über Bord gefallen.

 

Um 8 Uhr im Marina Büro sagten sie mir es sei Stromausfall, daher könne ich erstmal nicht auschecken. Hallo? Ich muss nach Albanien!!

In der Wäscherei war ich erfolgreicher, nach einer Stunde konnte ich meine Sachen wieder abholen. Und der Marineladen hier in der Marina ist super. Hier bekam ich das Ersatzteil für meine Reling und ein Hafenhandbuch über Albanien auf Englisch. Super! Nun noch auschecken, einkaufen, tanken, etc. Viel später als geplant, kurz nach 13 Uhr kam ich los.

 

Warum fahre ich eigentlich über Albanien zurück und nicht über Italien? Laut WetterApp ist in Italien die ganze nächste Woche Gegenwind mit über 20Knoten, da komme ich also nicht nach Hause. Und für Albanien bekomme ich einen Länderpunkt. (Für jedes Land, in dem ich vorher noch nie war, bekomme ich von mir einen Länderpunkt.)

 

Albanien:

Von Albanien wusste ich gar nichts. In einem meiner Segel-Ordner fand ich vor meiner Reise 2 Artikel aus Segelzeitschriften über Albanien: einer von 2013 und einer von 2017. Gut, dass ich früher "Aufheber" war. Jetzt bin ich im wesentlichen nur noch "Wegschmeißer", das macht irgendwie freier.... Allerdings bestimmte Segelartikel hebe ich immer noch auf. In den Artikeln stand im wesentlichen, dass die Leute gut angezogen seien, es dort sicher sei und es gutes Essen gebe. Na ja keine besonderen Infos. Allerdings erfuhr ich auch, dass es kaum Häfen, geschweige denn Marinas für Freizeitboote gebe und man zum Anlegen in einem Hafen einen Agenten brauche, der alles organisiert. Über die Kreuzer Abteilung (so ein SegelClub für Weltumsegler) bekam ich Kontakt mit dem Albanienbeauftragten, der mir die Nummer eines Agenten gab. Die Kommunikation lief über whatssapp, wobei eine Anna-Maria dann alles für mich organisierte.

 

Wann ich denn kommen würde.

So gegen 17.30.

Wunderbar. Ob ich denn auch Ausklarierungspapiere hätte.

Oh Gott auch das noch?

Nee nicht so wichtig vielleicht habe ich noch andere von früher?

Klar hab genug von Kroatien,

ja das reiche. Wenn ich im Hafen bin, soll ich das Hafenbüro anfunken, die wüßten dann Bescheid.

 

Zur Ansteuerung hole ich erstmals mein Fernglas raus. Einen Stadthafen anzulaufen ist im Gegensatz zu einer kleinen Bucht oder einer eindautigen Marina, sehr schwierig. Vom Wasser aus sieht man nur Häuser und Gebäude, aber keinen Hafen. Alles sieht irgendwie gleich aus. Da hilft ein Fernglas.

 

Mit deutscher Pünktlichkeit erreiche ich um 17:30 Uhr den Hafen von Sarande. Ich funke und schicke Anna-Maria gleichzeitig eine whatssapp, dass ich da sei. Kein Netz! Die Antwort per Funk kann ich nicht verstehen. Ist das albanisch? Ich frag noch mal nach. Miserabler Empfang und miserables Englisch. Ich soll neben so nem grauen Motorboot ankern und ne Stunde warten. Toll! Ich wollte doch die Stadt besichtigen. Aber ich sehe schon vom Boot aus, dass Sarande wahnsinnig hässlich ist. Eine riesen Bucht voller Hochhäuser, die bis an den Strand reichen, an dem tausende Leute zu baden  scheinen. Neben mir ankern schon andere Boote und ich denke mir, die hams gut, die sind schon angekommen und chillen hier in der Bucht.

 

Inzwischen verstehe ich auch, warum ich hier warten muss. In der Bucht liegt ein riesiges Kreuzfahrtschiff, dessen Gäste gerade wieder an Bord gebracht werden. Dies erfolgt mit kleineren Motorbooten, die die ganze Zeit hin und herpendeln. Und der Hafen ist hier so klein, dass diese Pendelboote den ganzen Platz zum Anlegen brauchen und hunderte Passagiere - das dauert eben.

 

Nach 2h meldet sich mein Funkgerät, STAR Sie können anlegen.

Endlich, ich starte den Motor, hole den Anker hoch als ich sehe, dass alle anderen Boote, die hier ankern das Gleiche tun. Aha die waren noch gar nicht fertig, die haben auch gewartet. Was jetzt abgeht ist echt krass, ca 8 Boote (Motorboote, Segelboote und ein Katamaran) fahren Vollgas, weil wahrscheinlich alle genervt sind, auf den kleinen Hafen zu. Ich hinterher. Als ich ankomme, sind schon 4 Boote im Hafen fest und es herrscht viel Wind von schräg vorne. Oh mein Gott!! Am Steg steht eine junge Dame wild gestikulierend und mir Zeichen machend, ich solle doch hier anlegen. Scheinbar ist das Anna-Maria, meine Agentin. Wie soll das denn gehen? Die Lücke zwischen 2 Booten ist so klein, dass ich da gerade so eben reinpassen würde, aber nicht mit einem Boot bei Wind von schräg. Und keiner der meine Leinen annehmen kann, außer Anna-Maria mit ihrem Handtäschchen. Aber inzwischen bin ich ja King of Anleger! Irgendwie komme ich in die Lücke und bin echt froh und stolz, dass ich das ganz alleine geschafft habe. Für die Segelinteressierten: Vor mir liegt eine Dehler 46 aus Neuseeland.

 

Anna-Maria kommt an Bord und gibt mir lauter Zettel, die ich unterschreiben soll. Was ich denn heute noch vor habe? Wo ich Essen wolle, an Bord oder in der Stadt. Ich frage sie aber genauso aus. Ein paar Sachen kann Sie mir nicht beantworten, da muss sie den Präsidenten der Agentur anrufen. (Später stellt sich raus, das ist ihr Vater).

Danach lade ich Anna-Maria zum Abendessen ein. Dafür zeigt sie mir ein bisschen die Stadt. Sarande ist im Sommer voll von Touristen, die meisten würden aus Polen, Bulgarien und Deutschland kommen. Sie sei hier geboren, liebt diese Stadt, wohnt bei Ihren Eltern, hat seit 8 Jahren den selben Freund (das sei in Albanien so üblich), wolle aber noch nicht heiraten. Bis vor 2 Monaten habe sie aber in Tirana Design studiert. Nun sei sie wieder zurück und arbeite mit ihrem Vater (der Präsident) zusammen als Yachtagentin. Warum, das werde ich morgen verstehen.

Wir gehen, nach ihrer Aussage ins beste Restaurant am Platze. Preise wie in Griechenland, nur dass ab und zu ein Kloakegeruch durchs Lokal zieht.

Sarande ist voll von Touristen, über all laute Musik. Total zugebaut, Strand direkt vor den Hochhäusern. Mein Ding ist das nicht....

Aber es ist ein super Abend, alles gut.