Am Morgen kommt der "President" persönlich und bringt mir die Papiere und die Rechnung. Mich trifft der Schlag. 125,- Euro! Ohne Strom oder Wasser, keine Duschen. Keine gut geschützte Mole. Jetzt verstehe ich warum Anna-Maria nix mit Design macht sondern Yacht-Agentin ist. Ich bin zu müde und überrascht, um irgendetwas zu sagen.
Nur hier ein paar Infos zur Einschätzung:
Ein- und Ausklarieren bei Zoll und Polizei kosten in Italien, Kroatien, Griechenland und Montenegro nix. Stadthäfen in Italien oder Griechenland kosten nix oder bis zu 30,- Euro. Extrem teure Marinas in Kroatien mit allem, inkl Pool kosten ca 100,- Euro. Das durschnittliche Monatseinkommen in Albanien betrug 2017 ca. 480,- Euro.
Ich fühle mich verarscht! Der President drückt mir noch den Wetterbericht in die Hand und meint heute sei noch Windstille, aber ab morgen für 2 Tage 6 Windstärken aus Nord-West. Ich werde wohl in Vlore 2 Tage im Hafen bleiben müssen. Nix da, in dem Land bleibe ich keine 2 Tage mehr und lege ab. Meinen Länderpunkt habe ich ja schon.
Windstille wie vorhergesagt und daher fahre ich unter Motor 10 Stunden nach Norden. Die Küste ist unglaublich, nur gebirgige Küste, ab und zu eine kleine Ortschaft, immer mindestens 100 Meter Wassertiefe, keinerlei Möglichkeit mit dem Boot anzulegen. Und weit und breit kein Mensch und kein Boot. In Griechenland und Kroatien muss man permanent schauen, dass man nicht mit einem Boot zusammenstößt, weil so viel los ist. Hier nix, in den 10 Stunden sehe ich eine einzige kleinere Motoryacht. Das ist sehr unheimlich hier. Mir ist nicht so ganz wohl und ich mache daher nix. 10 Stunden lang nix, ausser navigieren und ab und zu Pipi. Bin zu angespannt, um zu lesen, zu entspannen oder etwas anderes zu machen. Ausserdem: wie wird es in meinem nächsten Ort, in Vlore werden?
Meinem albanischen Kontaktmann habe ich geschrieben, dass ich nach Vlore fahre, dass ich aber mit Agenten nix mehr zu tun haben möchte. Er meint, ich solle mich direkt beim Hafenmeister Genci melden.
Ich fahre aber die monotone Küste erstmal weiter, ab und zu sieht man an Kaps alte Bunker und Schießscharten aus Beton.
Kurz vor Vlore gehe ich nochmal baden, es ist echt richtig heiß. Unterwegs bekam ich eine whatsapp von Genci dass ich neben nem Schlepper an der Zollmole anlegen solle, ihn aber vorher nochmal anfunken solle. Vlore ist eine hässliche Ansamlung hässlicher Häuser direkt an der Küste.
Ich funke also Genci an. Keine Antwort. Dank meines Hafenhandbuches aus Korfu weiss ich, welches der Zollpier ist. Während ich drauf losfahre funkt mich ne Frau an und meint sie sei Agentin und sie würde alles regeln. Diesmal antworte ich nicht. Am Steg steht wild gestikulierend ein Typ, ich solle hier auf keinen Fall anlegen. Laufe ich hier auf? Liegt hier ein Wrack? Im Hafenhandbuch steht, dass man beim Anlegen aufpassen soll, da es im Hafenbecken mehrere Wracks gebe. Aber Genci hat doch geschrieben, ich solle genau hier neben dem Schlepper anlegen? Ich lege an. Irgendne komische Gestalt nimmt meine Leinen entgegen. Überall Stacheldraht. Trotz des Drahtes stehen plötzlich noch zwei Jugendliche in Badehose da, die irgendwas wollen, wahrscheinlich mein Boot oder zumindest Kohle...? Hier ist es unheimlich. Ich fühle mich nicht sehr wohl.
Dann kommt ein schleimiger Typ auf nem Fahrrad mit Aktentsche. Er sei Agent, wies mir gehe? Ich sag gar nix, sondern sortiere meine Leinen.
Dann kommt Genci. Typ in Uniform mit Sonnenbrille und meterlangen Fingernägeln an beiden Kleinfingern und Daumen. Und noch 2 Typen mit Fahrrad - klar Agenten.
Ich will nur mit Genci reden, der kann aber kaum englisch. Also kommt der erste Agent doch wieder dazu. Ich sag ihm, dass ich ihn nich brauche. Ohne ihn kommen Genci und ich aber auch nicht weiter. Also erklärt der erste Agent mir, dass es pro Tag hier 10,- Euro kostet. Wir hätten aber ein Problem, da es vor Mitternacht sei, daher koste es 2x 10,- Euro und noch Gebühren für ihn, da nur ein Agent den Hafenmeister bezahlen dürfe, also insgesamt 30,- Euro. Nachdem ich ihnen klar machte, dass ich morgens um 5 schon wieder los müsse, waren sie irgendwie erleichtert.
Dann wollte ich noch ein Foto von Genci und mir vor der STAR. Das fand er super und wollte das Bild per whatssapp haben. Genci war ganz aus dem Häusschen als das Bild bei ihm ankam, wahrscheinlich waren hier noch nicht so viele Segelboote. Jedenfalls war ich für heute sein bester Freund. Das war auch gut so, da nach unserem Deal sich noch die beiden anderen Agenten einmischten und eine 15 minütige wilde Diskussion mit Genci und den 3 Agenten eintrat. Wahrscheinlich gab es Ärger, dass ich nicht wie üblich als Bootsbesitzer total abgezockt wurde... ?
Außerdem könnte mal hier einer den Boden wischen.....
Ich verschanze mich erst mal unter Deck, tue so als wenn ich gar nicht da wäre und hoffe, dass die Lage sich entspannen wird. Ist das eigentlich gefährlich in Albanien?
Sarande war ja wie Griechenland, sehr touristisch. Aber hier, wo ich jetzt bin? Kein anderes Boot, nur Stacheldraht und ungewöhnliche Typen. Naja scheinbar nicht so ganz ohne. Im Auswärtigen Amt hätte es ne Liste gegeben, auf der ich jetzt nicht draufstehe....
Nach ca 30 Minuten sind alle Leute verschwunden.
Ich beschließe, heute besser an Bord zu kochen. Ich mache es mir richtig gemütlich und genieße den Sonnenuntergang hinter Stacheldraht.